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Das Helbetal

Das Backhaus im Lohraer Forst über dem Helbetale
von Karl Ehrhardt, Thür. Heimatblätter 1928 (Auszug)

Das Backhaus
Bild Backhaus (2003)
Der Text wird wiedergegeben nach den "Großwendener Geschichten" von Friedrich und Werner Beate (Selbstverlag, Schernberg 1967)
Anmerkungen und Fotos von Norbert Patzelt

Das ursprüngliche Jagdhaus Lohra* erstand auf der Stätte, wo das Dorf Schierenberg eingegangen ist. Mit Abbruch der preußischen Oberförsterei Lohra ist die Stelle abermals wüst geworden. Die Sage setzt noch eine Stadt Brücken in dieses Gegend. Sie liegt etwa eine halbe Stund südwestlich vom Amte Lohra entfernt.

Lohra: Name der Grafschaft mit Sitz auf der gleichnamigen Burg, seit 1699 ein preußisches Amt

Als Forstort trägt sie den Namen "Am Backhaus", auf Landkarten ist 1761 "Försterhaus" und 1788 "Jägerhaus" eingezeichnet. Beim Näherkommen blinkt auch bald durch die Bäume das graue Mauerwerk (jetzt, 2003, gelbocker) eines niedrigen steinernen Gebäudes. Im Volke heißt es oles Backhus/Forsthus*. Außer alten Buchen beschatten das Gebäude zwei Birnbäume, ein Kirschbaum und mehrere Wildlinge. Der einstige Garten ist verwildert. Ziersträucher machen sich breit. Beerensträucher geben alljährlich immer noch Früchte an wiederkehrende Liebhaber. Winterharte Blumen lugen hier und da hervor. Den Standort des Gartenwasserbehälters erkennt man noch deutlich, wie auch die Gartenwege sich noch abheben. Zwei Trauereschen ästeln über die Stelle. Abseits, ebenfalls im dunklen Tann, ist ein zementierter Rundbrunnen gut erhalten. Er liefert den Waldarbeitern und der wandernden Jugend Trinkwasser.

dat ole Hus: das südharzer "Platt" ist eine ganz besondere Mischung aus niederdeutscher und Thüringer Mundart.

Das sogenannte "Backhaus" ist der Rest von Wirtschaftsgebäuden der ehemaligen Oberförsterei Lohra, die seit 1878 in Utterode* untergebracht ist. Jetzt dient das Häuschen, das in früheren Jahren ein Backhaus war, nur noch den Waldarbeitern als Unterschlupf. Vor der Oberförsterei stand ein Förster- oder Jägerhaus dort. Vermutlich wohnte auch schon im Dorfe Schierenberg* ein gräflicher Jäger von Lohra. Als dann das Dorf und der Klosterhof verlassen waren, sah sich der damalige Herr auf Lohra veranlasst, ein Haus für Forstzwecke zu erhalten oder neu zu errichten.

Utterode:Gehöft bei Rehungen
Schierenberg: Dorf im Helbetal bis etwa 1500, siehe unten

Ob nun die Grafen von Hohenstein bis 1593, oder erst die Grafen von Sayn-Wittgenstein* und Hohenstein das waren, ist streitig. Krönig (Niedergebraische Chronik) schreibt: Später erbauten die Grafen von Lohra auf der wüsten Dorfstätte ein Jagdhaus, das im Munde des Volkes gewöhnlich "Hüschen" genannt und nach den Freiheitskriegen zur Oberförsterei erweitert wurde. Doch schon im Jahre 1876 wurde die Oberförsterei auf die Domäne Utterode verlegt. Nach der Gründung des Dorfes Friedrichslohra wurde das "Hüschen" dahin eingepfarrt, während es sich vor dieser Zeit gewöhnlich zu Niedergebra hielt.

Die Grafen von Sayn-W. erhielten nach dem 30-jährigen Krieg die Grft. Hohenstein zum Lehen, wirtschafteten sie völlig nieder, so dass sie dann 1699 vom Oberlehensh. eingezogen wurde.

Vor der Errichtung der Oberförsterei waren im "Hüschen" angeblich in den Jahren 1813-15 aus umliegenden Dörfern Pferde vor den durchziehenden Heeren verschiedener Nationen in Sicherheit gebracht worden. - In der Nähe des Jägerhauses hatte die Regierung nach dem Siebenjährigen Kriege einen Pflanzgarten anlegen lassen, in dem Kohl und "Artoffeln" (Kartoffeln) gezogen wurden. Über den Erfolg musste jedes Jahr nach Berlin berichtet werden. Heidereiter*, Hegereiter*, Jäger und Förster wohnten lange Zeit in dieser Waldeinsamkeit. Ein Förster Goldmann soll im Jahre 1848 im Jagdeifer versehentlich seinen Sohn erschossen haben. Der Gedenkstein steht an der Straße Friedrichslohra - Kleinberndten bei Kilometerstein 2,250 von der Straße etwa 70m im Walde, im sogenannten "Baumgarten". In der Nähe des "Hüschens" liegt der "Vogelherd". Krönig lässt nach Philippi den "Vogelherd" in folgendem Lichte erscheinen: Wie der Jagd, lagen die Grafen im Herbste auch dem Vogelfang auf dem Vogelherde ob, der sich südöstlich vom Forsthaus ausbreitet. Der Vogelherd, jetzt ganz aus dem Gebrauch gekommen, darf als die humanste, auch der Jagdlust Rechnung tragende Nachstellungsart bezeichnet werden. Es war das ein mäßig hohes Rechteck aus Stein oder Holz, das oben eine freie Tenne aufwies, welche durch zwei leichte Seitenklappen plötzlich dachartig geschlossen werden konnte. Auf diese Tenne wurde bei geöffneten Klappen Vogelfutter aller Art gelegt, um die Vögel in großer Zahl anzulocken, auch wohl lebendige oder künstliche Lockvögel wurden darauf befestigt. Waren dann Vögel genug versammelt, so schloss der Vogelsteller mit plötzlichem Ruck durch die zu seiner verdeckt aufgestellten Ruhehütte geführten Leine die Klappen, und sämtliches Gefieder war gefangen. Man konnte den Fang sichten und in bereitgehaltenen Gefäßen unterbringen. Die Grafen von Lohrabesaßen das Jagdrecht von der Wöbelsburg* bis nach Rehungen. Später fiel dieses Recht der preußischen Regierung zu, die es im Jahre 1848 an die zuständigen Gemeinden abtrat.

Heidereiter:berittener Forstaufseher
Hegereiter:wie oben, in Süddeutschland aber: d. H. bewachte das Land und die Grenzen. Er hob den Zoll ein und wohnte oft in den Landtürmen. Auf der Landhege, einem Weg an den Hegsteinen und auf Wallanlagen, ritt er sein Gebiet ab.
Wöbelsburg: Bergsporn der Hainleite, östlich über Hainrode, mit Resten von Befestigungsanlagen(Heidenwall)...

Duval (ca. 1840) hebt im Anblick des Forsthauses noch hervor: Hier lag in alten Tagen eine Stadt "Brücken" genannt, die aber gänzlich verschwunden ist, obgleich man auf dem Rasen die Lage einzelner Häuser, ja die Richtung der Straßen erkennen kann. Wo das Forsthaus steht, ragte das Schloss empor, welches, dem Zwecke gemäß, den Namen "Schirmer" führte, aber bei der Zerstörung der Stadt mit untergegangen ist. Als man das Forsthaus erbaute, fand man in Stein gehauene Brunnen und beim Graben des Kellers Totengebeine in Menge. Hin und wieder sind auch in neuerer Zeit Münzen gefunden worden, von denen einige eckig waren.

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Die Sage erzählt, der nahe "Baumgarten" sei der öffentliche Lustort und der benachbarte "Schweinsrücken" der Stadt gewesen (?). Krönig setzt 1902 hinzu: Merkwürdig genug sollen sich noch vor etlichen Jahrzehnten in dem erwähnten "Baumgarten" sehr viel edle Baumgattungen, namentlich alte verdelte Kirschbäume befunden haben. Das jetztige "Brückenland" hält man gewöhnlich für die wüste Dorfstätte. Ich selbst (K.E. 1928) habe den Waldboden daraufhin untersucht und gefunden, dass nicht allein Steinschotterung, sondern auch schmale, sorgfältig geschichtete Steinreihen an einigen Stellen zu Tage treten, die mittelalterlichen Straßengossen zu eigen waren. Hier lag das Dorf und der Klosterhof Schierenberg. Der jetzt noch vorhandene Brunnen wird 1594 "Der Schierenberger Born" genannt. Etwa zwei Kilometer zieht sich heute noch der Gemeindewald an den staatlichen Forsten, genannt das "Große und kleine Brückenland", hin.

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Die Dörfer Helbe und Schierenberg sowie die Klosterkirche standen vor etwa 500 Jahren (von 1928 gerechnet)noch..
Möglicherweise bestand die Stadt Brücken um das Jahr 531, in welchem Jahre die Thüringer von den Franken mit Hilfe der Sachsen empfindlich geschlagen wurden. Brücken, zwischen der Helbeburg und der Ruhnsburg*, mag damals vielleicht ein Stützpunkt gewesen und mit dem Untergange des alten Thüringerreiches eingegangen sein.
Französische Offiziere, die sich während des Siebenjährigen Krieges in unserer Gegend aufhielten, sollen nach Krönig das Dörfchen Schierenberg noch auf ihren Karten verzeichnet gehabt haben. Möglicherweise ist der Ort Schierenberg in der Zeit der Erbauung der Burg Lohra vor 1100 entstanden, dadurch, dass die am Bau dienstleistenden Hörigen sich hier niederließen.

Ruhnsburg:Reste einer Wallburg nahe der Burg Lohra
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Im Jahre 1288 verkaufte Graf Heinrich I. von Beichlingen-Lare dem Kloster Gerode für achtzig Mark alles Recht an den Zinsleuten des Klosters auf dessen Höfen Helbe und Schierenberg-
1305 erkor es sich die Grafen Dietrich II. und Heinrich III. von Hohenstein zu Schutzherren.
Die in Geldverlegenheit sich befindenden Grafenvettern Heinrich, Dietrich, Bernhard und Ulrich von Hohenstein verpfändeten 1344 an verschiedene Nordhäuser für eine Schuld von 5744 Mark lötigen Silbers ihr Schloss Lohra mit Zubehör und der Vogtei Lare. Unter den aufgeführten Dörfern befindet sich Schierenberg. Die Summe war bis auf 3962 1/2 Mark lötigen Silbers und 659 Mark neun Schillinge Nordhäuser Pfenninge 1370 noch nicht getilgt, und die Grafen Dietrich VI., Ulrich IV. und Heinrich VI. von Hohenstein schlossen mit vierzig Nordhäuser Bürgern und Bürgerinnen einen neuen Vertrag auf weitere 6 Jahre ab. Schierenberg ist zum Pfande wieder mit ausgesetzt. Im Jahre 1368 hatten bittere Fehden mit Nordhäusern stattgefunden.

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Im Jahre 1431 erhalten die Grafenbrüder Heinrich, Ernst und Eylinger von Hohenstein, Herren zu Lare und Clettenberg, tauschweise vom Kloster Gerode unter anderem das Dorf Schierenberg gegen andere gräfliche Besitzungen im Eichsfelde.
1506 im Archidiakonatsregister von Stephan wird Schyrenberg als desolat(das heißt wüstes Pfarrkirchdorf in sede suzzera (das heißt bei dem heutigen Marksußra gelegen)) erwähnt. Der Ort scheint zwischen 1495 und 1506 wüst geworden zu sein. Dass das Dorf um diese Zeit nur kleinen Umfang gehabt hat, geht daraus hervor, dass es seinem Pfarrer nur neun Goldgulden jährlich, etwa 90 Mark nach heutigem (1928) Gelde zahlte.